Mein erstes Mal in Afrika

Mein erstes Mal in Afrika

Vorwort

Jede Jagd besitzt ihren Reiz, jedes Land seinen Charme. Was ist so faszinierend an Afrika?

Bislang kenne ich Afrika nur von Bildern und aus den Erzählungen meines Partners. Es muss jedoch etwas Besonderes sein, denn bei jeder Erzählung leuchten seine Augen sobald nur ein Wort über diesen Kontinent fällt.

In wenigen Tagen beginnt unsere Reise und noch sind einige Dinge unerledigt, bevor wir starten können. Die Waffe will eingeschossen, der Koffer gepackt werden. Spezielle Impfungen für Namibia, unserem Ziel, werden zum Glück nicht benötigt. Ebola spielt hier keine Rolle, liegen die Gebiete die von dieser schrecklichen Epidemie befallen sind doch meilenweit entfernt. Die erforderlichen Formalitäten, welche benötigt werden für dieses typische Jagdreiseland, fallen glücklicherweise gering aus. Eine Einladung nebst einer Einfuhrgenehmigung für die Waffe und Munition, die deutsche Waffenbesitzkarte und ein Reisepass genügen.

Es ist Februar in Deutschland und wir ernten einige merkwürdige Blicke beim Betreten des Frankfurter Flughafens. Khakihosen und Wüstenstiefel wirken wohl ein wenig deplatziert in dieser Umgebung. Die Zollformalitäten sind schnell erledigt und nach einem zehnstündigen Nachtflug betreten wir afrikanischen Boden. Oft entscheidet der erste Augenblick über Sympathie bei der Begegnung fremder Menschen. Direkt am Schalter werden wir aufs herzlichste empfangen und Katharina, die es sich als Farmchefin nicht nehmen lässt persönlich zu erscheinen, drückt uns als wären wir nicht zum ersten Mal ihre Gäste. Auch Eckehardt (Spitznamen Ecke) begrüßt uns als seien wir alte Freunde. Durch ihn wurden wir auf die Farm aufmerksam und er wird uns in den nächsten Tagen begleiten. Ein Start in ein Abenteuer wie er besser nicht sein kann! Auf der einstündigen Fahrt von Windhoek zur Farm bekomme ich einen ersten Eindruck von der Artenvielfalt und Schönheit Namibias. Unter einem strahlendblauen Himmel liegt eine dunkelgrüne Bergkette und erstes Wild kommt in Anblick. Warzenschweine, Zebras, Paviane und zahllose Perlhühner heißen uns entlang der staubigen Piste willkommen. Zutiefst beeindruckt von der Fahrt erreichen wir die Lodge. Hatten wir doch mit einer einfachen Unterkunft gerechnet, werden wir eines Besseren belehrt. Honeymoonsuite ist mein erster Gedanke beim Betreten des Bungalows. Ein kreisförmiger, strohgedeckter Natursteinbau mit vielen landestypischen Details liebevoll eingerichtet, ist unsere Herberge für die kommenden Tage. Zum Ausruhen bleibt jedoch kaum Zeit. Nach einer kurzen Stärkung geht es zusammen mit Walter, dem Chef der Farm und wohl einem der erfahrensten Jäger Namibias, zur ersten Revierbesichtigung. 10.000 ha nennt er sein Eigen und neben der Jagd stellt die Rinderzucht den Lebensunterhalt. Schnell erkennt man wie nachhaltig und besonnen hier gewirtschaftet wird. Eindrucksvoll schildert er uns wie sorgfältig angesprochen und gejagt wird, um einen gesunden aber auch trophäenstarken Bestand erhalten zu können. Salzlecken, Wasserstellen und Ruhezonen sind fester Bestandteil der Hege.

Beim gemeinsamen Abendessen besprechen wir den Ablauf für den kommenden Tag. Auf Walters Frage was ich denn jagen wolle antwortet Michael, mein Partner: „Kudu und Schakal!“ Fast trete ich ihm dafür vors Schienbein. Diesen Wunsch hatte ich zuhause einmal leichtfertig geäußert, als er mir dort dieselbe Frage stellte. Niemals jedoch hätte ich diesen Traum an dieser Stelle genannt, sind wir doch Gäste auf der Farm! Warum ich unbedingt einen Kudubullen möchte? Nun, Michael war bereits in Afrika, hatte aber keinen Erfolg auf einen Kudu und ich weiß wie sehr auch er sich über meinen Erfolg freuen würde. Mit gemischten Gefühlen gehe ich ins Bett, weil mir bewusst wird auf welch majestätisches Wild wir am folgendem Tag jagen werden.

Die Nachtruhe ist noch vor Sonnenaufgang beendet und auf dem Weg zum Frühstück findet sich eine frische Kudufährte direkt vor unserem Bungalow. Sollte dies ein Omen für die anstehende Jagd sein? Ein starker Kaffee, um die Lebensgeister zu wecken und schon sitzen wir auf dem Pick-up. Wir erleben ein Schauspiel wie es nur die Natur bieten kann. Die Morgendämmerung macht der aufgehenden Sonne Platz und in Minutenschnelle vertreibt die Sonne die Kühle der Nacht. Es beginnt ein Farbenspiel, das zu beschreiben unmöglich scheint. Purpur, Orange, Violett und ein goldenes Gelb färben den Himmel. Völlig in Gedanken versunken und fasziniert von der sich bietenden Kulisse falle ich fast von der Ladefläche als Walter abrupt stoppt. Frische Trittsegel kreuzen den Sandweg und augenscheinlich handelt es sich um einen starken Kudubullen. Mit wackeligen Knien folge ich unserem Guide durch dichtes Dornengestrüpp. Sollte schon die erste Pirsch erfolgreich werden? Keine fünfzig Meter sind wir vorangekommen als ein tiefes Grollen und Fauchen zu vernehmen ist. „Leopard!“ flüstert Walter. Dieses Geräusch hatten nicht nur wir vernommen, denn nun sehen wir auch einen Kudubullen abspringen, der bis zum Auftritt der Raubkatze für uns nicht auszumachen war. Spätesten jetzt sind alle Sinne geschärft und der letzte Rest Müdigkeit wie verflogen. Tief beeindruckt von dieser Begegnung klettern wir zurück auf den Pick-up, um in einen anderen Revierteil zu gelangen. Ein Schuss vom Auto verbietet sich ebenso wie die Jagd an den zahlreichen Wasserstellen und so bleibt Zeit die Fahrt zu genießen.

Eine Zebraherde mit ihren herumtollenden Fohlen erregt unsere Aufmerksamkeit. Bilder von dieser Szenerie im Kasten, folgen wir weiter der Piste. Nur wenige Kilometer später wechselt eine Herde Gnus vor uns über den Weg. Eine Staubfahne hinter sich her ziehend, trommeln ihre Hufe auf dem Sandboden und man spürt förmlich die Kraft die von ihnen ausgeht. Ganz anders dagegen die zahlreichen Oryx, die langsam durch den Busch schreiten.

-Was für ein Geschenk all dies erleben zu dürfen!-

Wir haben unser Ziel erreicht und springen vom Landcruiser, um mit geschultertem Gewehr auf leisen Sohlen unsere Pirsch zu beginnen. Es ist ein hügeliger Dickbusch, den Ecke liebevoll Kuduhill nennt. Nicht auf dürre Äste zu treten, Dornen beiseite zu schieben und auf den Wind zu achten ist keine leichte Aufgabe. Wir schleichen um eine Biegung und erstarren zu Salzsäulen. Wie gemalt steht er vor uns. Ein kapitaler Kudubulle, der wie ein grauer Geist regungslos zwischen den Büschen verharrt. Noch unerreichbar für eine sichere Kugel, trennen uns doch mehrere hundert Meter. Eine kleine Senke als Deckung nutzend pirschen wir vorsichtig näher heran. Auf allen vieren kriechen wir bei flirrender Hitze durch das Gestrüpp um nicht von ihm eräugt zu werden. Spitze Steine bohren sich in Hände und Knie, Dornen zerren an unserer Kleidung und zu allem Übel rinnt uns der Schweiß gemischt mit Sonnenmilch brennend in die Augen. Noch sind wir unerkannt als ein paar Perlhühner von uns aufgeschreckt, laut mit ihren Flügeln schlagend aufstieben. Zum Glück lässt diese Störung den alten Bullen unbeeindruckt. Nun heißt es für uns jetzt oder nie wollen wir doch nicht riskieren entdeckt zu werden. Mein Herz pocht bis zum Hals als ich mich wie in Zeitlupe aufrichte. Während Ecke lautlos den Zielstock vor mir aufbaut, bringe ich die Mauser vorsichtig in Anschlag. Das Jagdfieber hat mich gepackt und der feine Leuchtpunkt tanzt auf dem Begehrten. Es bedarf einiger tiefer Atemzüge um den kleinen roten Punkt ruhig auf das Blatt zu bekommen. Meine Zweifel ob es wirklich der richtige ist werden vom Guide durch ein leise geflüstertes „shoot“ weggewischt. Spannen, abziehen und Schussknall sind eins und auch der Rückstoß der .375 H&H geht in diesem Moment der Anspannung unter. Zu schildern, was ich jetzt fühle erübrigt sich wohl, weiß doch jeder Jäger um diesen Moment des Bangens. Einen zweiten Schuss nach sofort erfolgtem Repetieren anzubringen ist jedoch nicht mehr nötig. Die Norma Oryx hat die Blätter durchschlagen und der Kudu fällt tödlich getroffen zu Boden. Noch völlig aufgewühlt gehen wir zum Anschuss und erst jetzt wird mir bewusst wie majestätisch ein Kudubulle aus nächster Nähe wirkt.

Ich muss gestehen, ich bin den Tränen nahe, als ich den letzten Bissen reiche und wir uns zu dem außerordentlichen Jagdglück beglückwünschen. Hände werden geschüttelt, ein Waidmannsheil gesprochen und die Beute bestaunt. Ehrfurcht, Jagdfieber, Erleichterung, Stolz und vor allem Dankbarkeit sind nur einige der Emotionen die ich empfinde. Ein Moment den ich wohl nie vergessen werde. Erst nach ausgiebiger Totenwacht mahnt uns Walter zum Aufbruch, denn bei den herrschenden Temperaturen ist eine schnelle Versorgung des Wildes nötig. Den Bullen verladen, machen wir uns so auf den Rückweg in Richtung Hummelshain. Neben dem erlegten Stück auf der Ladefläche sitzend lasse ich das Erlebnis noch einmal Revue passieren.

Am selben Abend halten unsere Gastgeber eine Überraschung für uns bereit. In einem scherzhaft Puffotter genannten Wurstschlauch gibt es Herz, Nieren und Leber des Kudus. Bevor jedoch diese auf dem offenen Feuer zubereiteten Innereien serviert werden, gibt es noch einen weiteren Leckerbissen. Feierlich werden mir, die in einer weiteren Pfanne zubereiteten Hoden übereicht und von uns allen gegessen. Mit einem lauten Horrido und Waidmannsheil feiern wir heute ein wenig länger als üblich.

Es war mein erstes Mal in Afrika. Wundervolle Tage mit neuen Freunden in einer atemberaubenden Tierwelt und nun weiß ich auch warum Michaels Augen so leuchten, sprechen wir über diesen Kontinent.

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